Identität

"Ich mache mir wirklich Sorgen um Sie", sagt die Psychiaterin und ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen steigen. Da ist der Impuls zu sagen, dass es schon okay ist - ich bin es gewohnt und irgendwie geht es doch. Ich studiere, soweit man das Onlinesemester als Studium bezeichnen kann. Ich gehe zuverlässig …

Berührungspunkte

Ich sitze vor dem Bildschirm und bin froh, dass es kein Seminar ist, in dem ich die Kamera anschalten muss. Es gelingt mir mit großer Mühe die Tränen herunterzuschlucken und den starken Wunsch, auf mich aufmerksam machen zu können, nach hinten zu drängen. Wir sprechen über Behinderung. Soziale Benachteiligung. Privilegierte Elternhäuser. Weniger wohlhabende Viertel. Leistungsgesellschaft. …

Talfahrt

Ich würde gern schreiben, dass es besser wird. Davon, wie viele Erfolge ich mache, wie gut ich esse, wie oft ich lache und meinen Weg selbstsicher gehe. Doch leider geht es mir Tag für Tag beschissen. Heute besonders. Ich hatte eigentlich mit dem Vorhaben, dass diese Woche besser wird als die vorherige, in den Montag …

Zwei Wochen

  Zwei Wochen bin ich nun in der Klinik. Ich habe mein Handy wieder. Theoretisch darf ich nun auch Ausgang haben, aber seit gestern greift das, was ich als E.-Überlebensplan bezeichne. Gestern habe ich bei meiner Therapeutin hier angesprochen, suizidale Gedanken zu haben. Ich habe das Gefühl, sterben zu müssen. Ich bin fehl am Platz. …

Mein größter Feind

Hinter mir liegen zwei anstrengende Wochen, in denen ich selbst mein größter Feind war, nicht die Kinder, die ich im Rahmen des Ferienlagers betreut habe, sondern ich selbst, ich selbst mit meiner Essstörung, ich selbst mit meiner Depressivität, ich selbst mit meinen Zweifeln. So schlecht ging es mir lange nicht mehr. Diese Phase, diese harte …

Anspannung

Die heutige Anspannung ist hoch. Mittlerweile ist sie auf einem aushaltbaren Level - noch immer unangenehm, noch immer störend, aber ich kann damit umgehen und schwebe nicht in der Gefahr, zu einem Messer zu greifen oder mir auf destruktive Art und Weise einen klaren Kopf zu beschaffen. Die zwölften Klassen hatten heute ihren letzten Schultag …

Momentaufnahmen

Es sind Momentaufnahmen. Nicht mehr und nicht weniger. Von einem auf den anderen Moment sieht die Welt - meine Welt - anders aus. Bodenlose Verzweiflung verschwindet nicht, aber sie kann verdrängt werden. Es geht mir nicht gut. Sicher. Ich bin oft am Ende, oft sehe ich kein Licht am Ende des Tunnels. Aber ich befinde …

Frau K. und ich

Seit sich das diesjährige Skilager der neunten Klassen immer mehr nähert, verspüre ich in mir das Bedürfnis, darüber zu schreiben, wie Frau K. zu der wichtigen Person, die sie heute für mich ist, wurde, wie sich all das aus einer einzigen Woche entwickelt hat. Und gerade weil ich mich derzeit in einer schwierigen Phase befinde, …

Helfersyndrom

Ich werde mit meinem Blut oder meinem Knochenmark niemals Menschenleben retten können, denn dazu bin ich zu leicht. Ich starre auf den Zettel, den uns mein Klassenlehrer ausgeteilt hat, starre auf die 50 Kilogramm, bis zu einem BMI von 23- Klausel und runzele die Stirn. "Tja, dann werde ich wohl nie Blut spenden", sage ich …